Es gibt Menschen, die gehen auf den Hamburger Dom, um sich in halsbrecherische Höhen katapultieren zu lassen. Sie wollen das Adrenalin, den Wind im Gesicht, das Gefühl, alles hinter sich zu lassen. Und dann gibt es mich. Ich bin der Typ, der die Handtaschen hält.
Während meine Begleitung mit leuchtenden Augen in Richtung „Höllenblitz“ stapft, suche ich mir einen Platz mit Aussicht – auf die Würstchenbude. Ich bestelle: vier kleine Würstchen. Kein Spektakel, kein Selfie-Moment, einfach ehrliche Kost. Die Bedienung schaut mich an, als hätte ich etwas Seltsames verlangt, dabei ist es die normalste Bestellung der Welt: vier Würstchen, bitte.
So sitze ich da, mit der Handtasche zu meinen Füßen und einem Pappteller in der Hand. Um mich herum tobt das Leben. Menschen kreischen im Riesenrad, Kinder klammern sich an Zuckerwatte wie an ein Heiligtum, ein DJ brüllt ins Mikrofon. Ich beiße in die erste Wurst. Außen knackig, innen warm – ein kleines Stück Verlässlichkeit inmitten des Spektakels.
Die zweite Wurst erinnert mich daran, dass Abenteuer nicht immer in 80 Metern Höhe stattfinden müssen. Manchmal reicht es, einfach still zu sitzen und die Handtasche zu bewachen. Die dritte Wurst schmeckt nach Gelassenheit: Ich bin vielleicht nicht der Held der Achterbahn, aber ich bin der stille Zeuge, der Chronist des Alltags. Hasemann eben.
Bei der vierten Wurst kommt mir der Gedanke: Vielleicht sind die Handtaschenhalter die wahren Helden. Ohne uns gäbe es keine sicheren Plätze für Portemonnaies, keine ruhigen Beobachtungen, keine Geschichten vom Rand der Manege. Wir halten die Dinge zusammen, während andere durch die Luft wirbeln.
Und am Ende des Abends, wenn alle mit roten Wangen und flatterndem Herzen zurückkehren, habe ich meine Rolle erfüllt: Die Tasche ist sicher, die Würstchen sind gegessen, und das Leben hat eine neue Geschichte mehr.
Vielleicht ist genau das der Sinn: Nicht immer vorneweg zu rasen, sondern zwischendurch auch mal still zu halten – mit vier kleinen Würstchen als Beweis, dass auch das Abenteuer sein kann.